ich bin eine kleine radikale Minderheit…

Autor: knoxx

Ja es ist bunt im Viertel, darum möchten ja auch soviele hier wohnen. Hier im Viertel, möglichst mitten drin im Geschehen, hier ist was los. Man kann überall zu Fuss hin, zum Arzt, zur Apotheke, ins Kino, ins Theater, in den  Puff, zum Öko-Markt, in die Disco, in den Biosupermarkt,die urige Kneipe, die szenige Bar,das angesagte Restaurant, und wer Kunst liebt , braucht sich nur mal umzuschauen. Frisur , Bäcker, Haushaltswaren, das reinste Paradies, oder auch das Dorf mit Strassenbahn, wie manche Spötter zu sagen pflegen. Mindestens so bunt, wie das Angebot, so auch die Bewohner, bisher jedenfalls.

Alle haben ihre berechtigten Interessen und so ist es für die Viertelpolitik, die vom Stadtteilbeirat zusammen mit dem Ortsamt Mitte formuliert wird, nur zu oft eine Gratwanderung, dies alles irgendwie zu berücksichtigen. Es gibt hier im Viertel lauter „radikale Minderheiten „, die mehr oder weniger laut auf ihre Rechte pochen. Die Blinden sind ja leider gewichen bzw “ gewichen worden“. Jungbürger, Hauskäufer,Alte, Behinderte, junkies und dealer, Gewerbetreibende, Kinder, die Jugendlichen, und diejenigen die ein Dorf mitten in der Stadt sich wünschen. Einerseits hat die Verdrängung ganzer Gruppen seit den 80-ern zugenommen, andererseits siedeln sich neue gutsituierte Kreise verstärkt an. Es bleibt also immer die besagte Gratwanderung. Ich kann hier nicht herziehen , weil das Viertel so toll ist, möchte jedoch in meiner Strasse , dörfliche Idylle und vor allen Dingen Ruhe und andererseits die attraktive shoppingmeile, das attraktive Gastro- und Kulturangebot nicht weiter 5 Minuten entfernt. Einrichtungen wie die ehrwürdige „Lila Eule“, „Römer“ und vor allen Dingen das Kulturzentrum Lagerhaus können ein garstig Lied davon singen, wie einige „Wutbürger“ ihnen zu Leibe rücken und ihnen am liebsten den Garaus machen würden. Ich mache ja kein Hehl daraus , dass ich gerne wieder solche Strukturen hätte, wie Anfang der 80-er Jahre, wo das Viertel noch nicht so schicki-micki herausgeputzt war, wo es hier noch mehr Alte und Ausländer, und ja leider auch viel mehr junkies gab. Das Wohnen hier war auch für alle Geringverdiener, den Ausdruck gab es damals noch nicht, erschwinglich und es war laut und bunt. Das Viertel ist jedoch kein Biotop und so kam es , wie in vielen anderen grossen Städten auch, ehemalige Sanierungsgebiete wurden überaus attraktiv und in unserem Wirtschaftssystem bedeutet nun einmal : Teuer ! Und so kämpfen heute die verschiedensten Interessengruppen oft hartnäckig um ihre Belange.

Die Gewerbetreibenden müssen für ihre hohen Mieten mit allen Mitteln um höhere Umsätze kämpfen und beanspruchen öffentlichen Raum für Reklameschilder , Auslagen, Tische und Stühle,, die Behinderten wollen freie Bürgersteige und die neuen und alten Hausbesitzer wollen ihre Ruhe, vor der Haustür und Junkies und dealer wollen auch ihre Ruhe, nur anders. Nach den Regeln des Kapitalismus werden die Schwächsten zuerst weichen und diese Bewegung ist längst voll im Gange. Sie wird von Soziologen als „Gentrifizierung“ bezeichnet. Eines , hoffentlich ganz fernenTages ,werden wir vielleicht noch mit Klauen & Zähnen das Sielwallhaus und das  Areal der Aucoop., des Kulturzentrums Lagerhaus und des Kontorhauses gegen gierige Investoren aus der Heuschreckenfamilie verteidigen müssen. Oder aber die andere Variante : nur die gutsituierten Hausbesitzer haben hier überlebt und endlich ihre Ruhe, dazu einige Alte und Behinderte, sowie der Ökosupermarkt mit Aerztehaus und Apotheke,. Mitten in der City im Grünen, um 1o werden die Bürgersteige hochgeklappt, im schicken Rentnerviertel und Fussgängerparadies. -Achja , und die Mieten sind auch wieder gesunken.

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