Beschleunigung des Alltags

Autor: knoxx

„Ey Leute, das Tempo nimmt zu.“ So hör‘ ich es immer wieder auf den Straßen, in Cafés, Bistros und auf’m Damenklo. Schon wieder ein Jahr vorbei! Was ist eigentlich passiert? Obama kam und siegte, Michael Jackson & Meister Propper sind von uns gegangen und noch’n paar mehr – Henning, Ingo, die Ingrid, Monika … und noch etliche Promis und Normalos. Nach meiner Theorie sitzen wir in einem riesigen Raumschiff und vor kurzem wurde der Warp-Antrieb eingeschaltet.

Wir haben schon gestern, vorgestern und morgen überholt und bald landen wir in einem Wurmloch und kommen in China, aber in einem China der frühesten Dynastien, wieder heraus. Was würde Konfuzius sagen? Hach, den gab es da noch gar nicht. Aber nun mal ganz im Ernst. Kaum bin ich morgens in meine Stiefel geschlüpft, wird es draussen schon wieder dunkel. Die beiden letzten Fünfziger aus meiner Tasche sind auch flüchtig, sie haben nur einen kleinen rosa Schein als Platzhalter zurückgelassen. In der nächsten Stunde könnte ich in London sein, in zwei am Strand von Malle, in Echtzeit quatsche ich von Angesicht zu Angesicht mit Kollege George in Hongkong, meine Neffen klettern im Himalaya, in Haiti rumpelt das Erdbeben und im ZDF läuft schon die Spendengala dazu.

Je mehr wir beschleunigen, desto mehr verharren, erstarren wir in unseren Sitzen. Die Menschheit hat sich mit ihrer Technik nicht nur „die Erde untertan gemacht“, nein, sie ist kräftig dabei, sich ebenfalls überflüssig zu machen. Ich brauche bald nicht mehr aus meinem Computersessel aufzustehen, alles erledigt sich virtuell. Jeder Winkel der Erde ist erforscht, „dank“ Google Earth (fuck off!!!), GPS, und Navi(star) weiß ich überall Bescheid und bin überall aufzuspüren – mobiles Telefon, Skype, Twitter, E-Mail erledigen den Rest. Jeder weiß alles über jeden, Google jedoch weiß am allermeisten und verdingt sich an den Meistbietenden. Unsere einst wilde, abenteuerliche Erde ist so klein und überschaubar geworden, von oben bis unten vermessen – und wir gewogen und für zu leicht befunden?

Was ich schon sagte: Leute, die Beschleunigung wächst und wächst. Heute Abend gibt’s ’n paar nachträgliche Silvesterknaller: die guten alten „UK SUBS“ spielen mit „Vibrators“ im Tower. Im „Golden Shop“ am Fehrfeld gibt es die geilsten Bücher – holte mir gerade „Parasiten der Ohnmacht“ von Miron Zownir und just for fun „Falscher Engel“ von Jay Dobbins, den „New York Times“-Bestseller, whatever it means. Zuerst lese ich jedoch „Das Ende der Welt, wie wir sie kannten“ von Harald Welzer & Claus Leggewie. Sollte Pflichtlektüre für alle Entscheidungsträger werden. Unter Umständen mutieren sie dann vielleicht zu Bedenkenträgern. Knallharte Facts über den Zustand unseres Planeten und unserere Gesellschaftsordnung. Von wem ist denn bloß dieser Song, der mir seit Tagen im Kopf summt. „This is the end of the world as we know it …?“ New Model Army vielleicht?

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One Response to “Beschleunigung des Alltags”

  1. galeff sagt:

    Hallo knoxx!

    Schön, dass mal jemand ausspricht, was ich denke! 🙂

    Ich wollte mal etwas zur Klärung beitragen: der Song heißt „It’s the end of the world as we know it“ und stammt von R.E.M.

    Bei Wikipedia kann man dazu Interessantes lesen:
    „Im Zuge der Terroranschläge vom 11. September 2001 wurde vom Radioverbund „Clear Channel Communications“ eine Liste mit 166 Liedern herausgegeben, mit der Empfehlung, diese vorerst nicht mehr zu senden. It’s the End of the World as We Know It (And I Feel Fine) befand sich darunter.“

    Jetzt nach „Haiti“ sollte man Hysterie besser vermeiden. Ich denke, wir sollten deshalb nun auch eine Liste mit verbotenen Worten und Zitaten für diesen Blog erstellen. 😉

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