Dreißig Jahre (Es ging voran)

Autor: hella
Peter Hein auf der Breminale 2010 (Foto: hella)

Peter Hein auf der Breminale, 4. Juli 2010 (Foto: hella)

„Peter Hein? Wer’ss’n das?“ wird sich mancher fragen, der noch nicht geboren war, als 1980 Monarchie und Alltag von Fehlfarben erschien. Iss nuu alles klar? Falls nicht: Wikipedia gibt Auskunft, so daß ich hier nur zu schreiben brauche, wie angenehm es war, nach dem Auftritt der Rattles eine Band zu hören und zu sehen, die nicht nur instrumental so frisch klingt wie vor dreißig Jahren, sondern auch über einen Sänger verfügt, der die meisten seiner jüngeren Kollegen noch immer in den Schatten stellt, und das auch als Texter. Hierfür spricht schon dieses SPEX-Zitat:

Für den Titel »größter lebender deutscher Popsänger«, der ihm hier verliehen wird, nörgelt der Haderer Hein zu sehr an der ihn umgebenden Gegenwart herum. Sein antimodernistisch-kulturpessismistischer Affekt, der sich in anachronistischen Textzeilen wie »Was hat man sich gefürchtet / Ob der Blockwart etwas weiß / Doch in jedem Forum gibt man die Penislänge preis« (»Leute Vielleicht 5«) äußert, ist nicht besonders weit vom Ressentiment des Alt-Achtundsechzigers entfernt, der die Kultur der Jugendlichen nicht mehr kapiert und sich fragt, weshalb die jetzt twittern und nicht artig kritisch sind und Brecht lesen.

Ja, so schreiben Journalisten, wenn sie sich ertappt fühlen. Doch Peter Hein wird damit leben können: hat er doch schon 1980 Texte geschrieben, die durchaus nicht dem entsprachen, was damals den meisten seiner Generation als „Kultur der Jugendlichen“ galt. Sie besetzten Häuser, tranken Hansa-Pils, wählten grün und glaubten, es gehe voran. Doch der Miesepeter hatte sein Lied, das bald zur Hymne wurde, völlig anders gemeint, nämlich so „antimodernistisch“ und „kulturpessimistisch“, wie so viele der allerbesten Popsongs stets gemeint gewesen waren: ob Heartbreak Hotel, der erste Hit von Elvis Presley, I Can’t Get No Satisfaction von den Rolling Stones, Strawberry Fields Forever von den Beatles, The End von den Doors, Space Oddity von David Bowie, Anarchy In The UK von den Sex Pistols, Smells Like Teen Spirit von Nirvana … ach! die Liste ist unendlich lang und enthält auch so manchen Song von Fehlfarben, darunter Paul ist tot, das sie gestern als Zugabe ihres kurzen, aber intensiven Auftritts spielten. Mein Mitschnitt findet sich hier.

Damit endete für mich die Breminale 2010. Ich hoffe sehr, daß es auch auf der Breminale 2011 „antimodernistisches“ und „kulturpessimistisches“ Liedgut dieses Formats zu hören geben wird; denn in unseren trotz aller Tore äußerst tristen Zeiten haben wir es bitter nötig. Es geht voran.

Saskia von Klitzing, Schlagzeugerin bei Fehlfarben (Foto: hella)

Saskia von Klitzing, Schlagzeugerin bei Fehlfarben (Foto: hella)

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2 Responses to “Dreißig Jahre (Es ging voran)”

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  2. Yves sagt:

    FehlFarben …. goettlich !

    Hoere sie sogar hier in Santiago de los Caballeros.

    Gruss eines Kuenstlers aus der Karibik

    der Yves

    http://www.yvesdrube.wordpress.com

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