Nina, Manfred, das Internet und ich

Autor: galeff

Das Internet – unbegrenzte Möglichkeiten. Noch mehr Möglichkeiten, herauszufinden, dass man wahre Freunde an einer Hand abzählen kann. Man springt ja nicht für jeden ins Feuer. Soweit alles ganz nachvollziehbar. Nicht ganz nachvollziehbar ist die Schar an Möchte-Gern-Freunden, die einem im Internet begegnen. Ob bei XING, Facebook, studiVZ oder besonders MySpace: hier werden Freunde häufig im Sekundentakt „geaddet“, wie es so schön im Denglischen heißt.
In einem neu eingerichteten MySpace-Konto war ich selbst dann anfangs sehr geschmeichelt, als sich ein nettes Mädel mit mir befreunden wollten: Cute Nina. Ich erzähle einmal, wie es mir erging.

In meinem Kopf, Gedanke für Gedanke:

Hm, da stimmt ja wirklich alles – Studentin, hübsch und ihr Kommentar zeigt: sehr freundlich und gleich per „Du“. Wow – so einfach kann das gehen! Hm, das ist aber ein cooles Video, das Nina mir gleich mitgeschickt hat. Die interessiert sich ja nicht nur für coole Autos, sondern auch für Computerspiele! Das ist ja mal selten.
Mann, hat die viele MySpace-Freunde. Entweder die ist schon 10 Jahre dabei oder sie schließt „Freundschaften“ im Sekundentakt. Mal gucken, wen die so alles kennt. Hm, alles Typen wie ich – und davon gleich 2117. Mädels scheint die ja keine zu kennen. Hm, und jeder neue Freund wird mit einem Video belohnt, Auto- oder Computerspiele-Video.

Okay – jetzt hab ich’s durchschaut. Nina nennt sich zu Hause „Manfred“ und ist in einer Marketing-Agentur damit beschäftigt, junge Männer zu erziehen, sich für bestimmte Automarken zu interessieren und dieses oder jenes Computerspiel kaufen zu müssen. Pfui, und ich war mit meinen Fantasien schon ganz woanders.

Jetzt brauche ich was für’s Ego. Vielleicht gewinne ich ein wenig Würde zurück, wenn ich sehe, wie dumm die anderen Herren drauf reinfallen.
Jupp, das hat geklappt. Sven72 schickt dem Manfred eine rote Rose und wünscht ein schönes Wochenende, TommiT bedankt sich und fragt zurück, ob es Manfred gut geht. Mir geht’s schon viel besser.

Das Ganze hat mich dann dazu bewegt, der Nina per Kommentar zu den vielen jungen Männern und den tollen Videos zu gratulieren. Am nächsten Tag wollte ich mir dann die Reaktionen und dummen Gesichter ihrer Freunde (Kommentare) ansehen, aber leider war der Zugang gesperrt/deaktiviert worden. Sau-Schade – hätte ja gerne noch ein wenig zugeschaut, wie Manfred die Perücke vom Hinterkopf rutscht …

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