Roadkill Mist

Autor: knoxx

Bitte melden! Wer ist auch auf den Hype mit der angeblich genialen 17-jährigen Schriftstellerin hereingefallen? Ich hab’s nie geglaubt, denn ich bin mit Kerouac, Burroughs, Bukowski und so großgeworden, also war klar, dass unsere Helene nicht „echt“ war. Doch was ist heute im Zeitalter von Web 2.0 und Cyberspace noch „echt“. Vielleicht ist auch unsere Angie ein Fake? Aber ganz im Ernst, mich hat schon erschüttert, wie das halbe Feuilleton auf diesen mafiösen Literaturcoup hereingefallen ist. Das hat schon eine Obszönität, die seinesgleichen sucht.

In einem tollen Artikel in der „SZ“ (11.2.) von Thomas Steinfeld finde ich diesen treffenden Absatz. „Das Obszöne, lehrt der französische Philosoph Georges Batailles, sei die Enteignung der Individualität im Spiel der Organ“. „Ich will doch nur spielen“ – so in etwa ist die Kleine, altkluge Helene da wohl rangegangen. „Ich zeig‘ Euch was ’ne Harke ist, den ultra Schocker.“ Ja und weil sie doch eigentlich ein ziemlich normaler Teenager, wohnhaft im stinknormalen Berlin ist, muss sie ihr nicht erlebtes Wissen um Grenzerfahrungen irgendwo abkupfern, denn sie hat Ehrgeiz und will partout gecasted werden. Das Perverse ist: sie hat es in die Bestsellerlisten und ins Fernsehen geschafft. Der Erfolg scheint ihr und damit dieser verqueren Geisteshaltung Recht zu geben. Scheiß auf Authentizität, Hauptsache irgendwie schrill und laut, ganz so wie im Porno, wie denn auch Thomas Steinfeld zielgenau feststellt in seinem Artikel. Also mir langen die Textauszüge und der Auftritt der Autorin bei Haschmi. Heute Abend tat den Rest, ich werde es weder kaufen noch lesen. Basta.

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4 Responses to “Roadkill Mist”

  1. agnes sagt:

    hehe… dafür liest du ja bald ein anderes Buch 😉

    und wenn du doch noch den Drang verspürst, den Roman einer 18jährigen zu lesen kann ich dir Dorota Masłowska’s „Wojna polsko-ruska pod flagą biało-czerwoną“ nahelegen.. allerdings nur wenn du der polnischen Sprache mächtig bist, die deutsche Übersetzung („Schneeweiß und Russenrot“) ist meiner Meinung nach echt grottig!

  2. Fake ist auch eine Form von Realität
    meine ich nicht nur
    sondern ich behaupte es auch
    Kommentar zum Literaturflash
    und Roadkill Mist

  3. knoxx sagt:

    Ja im Re-Retro-Zeitalter, wo schon seit Warhols Zeiten angefangen wurde alles zu recyceln, ist es tatsächlich schwierig geworden, originäre künstlerische Erschaffung vom reinen Plagiat zutrennen.Auch wenn der Diebstahl nur im Aufsammeln und Recyclen von Müll besteht. Ich meine Zitieren ist erlaubt, wenn ich die Quellen benenne, und die Urheber an der Verwertung beteilige. Im Grunde basiert das ganze Problem tatsächlich nur auf die längst ausser Kontrolle geratene kapitalistische Verwertung jeder künstlerischen Äußerung. Ob Popmusic, Kunstmarkt oder Ltieraturscene alles wird nur noch vom „marketing“ regiert, so will es scheinen. Wenn ich da an so Verarschung wie Jeff Koons und Damien Hirst denke , freut mich zunächst nur, wie da olle Geldsäcke gemolken werden. Nur die haben ihr Geld auch irgendwo zusammengerafft, meist klebt Blut dran.

  4. Julia sagt:

    Fake kann eine Art konkrete Poesi bedeuten …weitmerh als nur Realitätsfremd wie ich es fühle.

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